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(Im Dezember 1990 waren die (West-) Grünen bei den gesamtdeutschen Wahlen an der 5%-Hürde gescheitert. Am 8./9. Juni 1991 legte ich als Vorsitzender dem neugewählten Bundesvorstand ein – bisher unveröffentlichtes – Strategiepapier vor, das den Wiedereinzug in den Bundestag 1994 als entscheidendes strategisches Ziel definierte und einen Pfad wies. Unten finden sich die wesentlichen Fragmente des Textes. Der Bundesvorstand bestand aus 2 Ko-Vorsitzenden, einer politischen Geschäftsführerin, einem Schatzmeister und 5 BeisitzerInnen, hatte kein Sekretariat, wenig Personal und fast kein Geld. Einige Beisitzende wollten zunächst ihre spezifische Facharbeit, die sie im Parlament geleistet hatten, in der neuen Funktion weiterführen und so die 8-köpfige ost-deutsche Bundestagsgruppe von Bündnis 90/Die Grünen als Referenten ergänzen. Diesen Ansatz lehnte ich entschieden ab, was mir den Argwohn der Bundestagsgruppe einbrachte. Einige Würdenträger auf Landesebene meinten, die Partei käme auch ohne Bundesebene aus, was ich als politisch tödlich zurückwies. Wie die Ereignisse zeigen sollten, lag ich richtig.)

  1. Ziel der Arbeit

1.1 Es kann nicht Ziel der BuVo (Bundesvorstand) -Arbeit sein, die ausgefallene Bundes­tagsfraktion flächendeckend thematisch ersetzen zu wollen und dar­auf zu hoffen, dass Sickereffekte uns in den Bundestag zurückverhelfen.

1.2 Wir können uns auch nicht in erster Linie als politisches Korrektiv zur parlamentarischen Ar­beit der Landtagsfraktionen verstehen.

1.3 Wir werden auch nicht in der Lage sein, von uns aus spannende Kampagnen anzuleiern, die spontane Begeisterung entfa­chen.

1.4 Unsere strategischen Ziele lauten:

– Überwindung der inneren Krise der Partei (dort sind wir schon auf gutem Wege)
– Erhalt der GRÜNEN als relevante bundespolitische Kraft
– Öffnung der Partei/Zusammenarbeit mit Bürgergruppen
– Wiedereinzug in den Bundestag
– inhaltliche und strategische Vorbereitung für den Fall einer rot-grünen Mehrheit

 

  1. Arbeitsflächen

2.1 Kommentierung von Tagespolitik ist wichtig, greift aber zu kurz.

2.2 Schwerpunktsetzungen sind in der Regel entweder nicht genau be­stimmbar oder sie machen nur einen Sinn im Zusammenhang weitrei­chender strategischer Konzepte. …Es wäre fatal, wenn sich Einzelne an komplexen, aber bezogen auf die Gesamtstra­tegie nebensächlichen Themen festbeißen und so für die strategie­bezogene Arbeit wegfallen würden.

2.3 Angesichts unserer knappen Ressourcen als BuVo, der schwierigen Rahmenbedingungen und der Existenz von viel gutem Willen und Sach­verstand außerhalb des Vorstandes ist es ratsam, strategische Kon­zepte sehr breit anzulegen, möglichst viele Aktive durch Aufgrei­fen von deren Ideen und durch Motivierung unsererseits einzubezie­hen, Initiativen in ein Gesamtkonzept zu bündeln und Aufgaben zu delegieren. Unsere primäre Aufgabe ließe sich mithin als politisches Prozessmanagement begreifen.

 

  1. strategische Handlungsebenen

3.1 Zusammenwachsen von östlichen und westlichen Landesverbänden und maximale Kooperation mit Bürgerrechtsgruppen (vgl. Punkt 4)

3.2 Nachwuchsförderung durch Aufbau einer eigenständigen Jugendstruk­tur (vgl. Punkt 5)

3.3 Öffnung der Partei für Zielgruppen. Einrichtung von För­dermitgliedschaften (vgl. Punkt 6)

3.4 Inanspruchnahme der Länder- und der Europaebene für Bundespolitik (vgl. Punkt 7)

3.5 Beteiligung an laufenden Kampagnen mit Breitenwirkung (vgl. Punkt 8)

3.6 Verbandsarbeit (vgl. Punkt 9)

 

  1. Zusammenwachsen Ost-West/Grüne-Bündnis 90

4.1 Leitideen

Zusammenarbeit mit den ostdeutschen Bürgerbewegungen (BB) ist eine zentrale Auf­gabe; darüber darf die eigenständige Förderung der grünen Landes­verbände in den NL aber nicht vernachlässigt werden.

Angestrebt ist eine gemeinsame Kandidatur mit möglichst breiten Teilen der BB bei der Bundestagswahl. Eigenansprüche der BB werden respektiert. Strittige Fragen werden im Dialog geklärt. Dennoch könnten von Teilen der BB bei politischen Einzelfragen (z.B. AKW, § 218) Positionen vertreten werden, die mit den Grundeinstellungen der GRÜNEN nicht vereinbar sind. Es muss ein Modus entwickelt wer­den, solche Knackpunkte möglichst bald zu identifizieren und Kon­sequenzen abzuleiten. Theoretisch sind zwei Antworten möglich: 1. Die GRÜNEN modifizieren ihren Standpunkt. 2. Mit diesen Tei­len/Personen der BB ist ein Zusammengehen nicht/nur eingeschränkt möglich. Im Prinzip müssen beide Seiten, Grüne und BB, ein politi­sches Grenz-Nutzen-Kalkül aufmachen: Welche Relativierung eigener Positionen ist notwendig, um größere Breite zu gewinnen; welche ist nicht mehr erlaubt, weil sonst der essenzielle Gehalt einer Politik und damit die Zustimmung beim Mitgliederstamm/bei den Wäh­lerInnen verlorengeht. Hier sind gleichermaßen Fingerspitzengefühl und klare Entscheidung gefragt.

Ein Prozess des Zusammenwachsens GRÜNE/BB lässt sich am ehesten de­zentral, d.h. länderspezifisch organisieren. So es erprobte oder erklärte Formen der Kooperation gibt, die evtl. auch für anste­hende Landtagswahlen Gültigkeit bekommen sollen, wäre ihre Aner­kennung als gemeinsame Formation auch für die Bundestagswahl nahe­liegend. Denkbar sind unterschiedliche Formen: Fusion zu einem einheitlichen Landesverband (Typ grüner LV oder Alternative Liste), Bündnis von zwei Verbänden (Typ Grün-Alternative Liste) oder grüne Landesliste mit offenen Plät­zen für BB-Menschen. Ein prinzipieller Verzicht der GRÜNEN auf Kandidaturen in den NL, wie es von kleinen Teilen der BB verlangt wird, ist nicht akzeptabel. (Die Gefahr, deshalb wieder an der 5%-Hürde zu scheitern wäre zu groß gewesen. In dem Fall wären die Grünen historisch erledigt gewesen.) Die schwierigen Integrationsleistungen können nur gelingen, wenn der bestehende Nukleus und das ist der historisch gewachsene, programmatisch ausgewiesene und organisatorisch gefestigte Parteizusammenhang der GRÜNEN nicht infrage gestellt wird.  Weitere Probleme können zum einen dort auftauchen, wo wegen einer tradierten Konfliktlage die verschiedenen Seiten nicht von allein zusammenkommen; zum anderen, wenn sich zwei Sei­ten auf Kosten einer dritten geeinigt haben, die damit praktisch aus allen relevanten politischen Prozessen herausfällt. Speziell in diesen beiden Fällen ist ein besonderes Engagement des BuVo in Zusammenarbeit mit dem SprecherInnenrat von B‘ 90 ratsam.

Ein objektives Problem entsteht mit der Gründung der BB als Partei „Bündnis 90“. Die Parteibildung ist verständlich wegen der Notwen­digkeit, die Kräfte der BB besser zu bündeln und der Zwänge, die vom 3. Oktober ausgehen. Sie steht im Prinzip einer Kooperation mit uns nicht im Wege. Problematisch wird es dann, wenn sich im B‘ 90 Kräfte stark machen sollten, die eine eigenständige Kandidatur und das heißt faktisch: gegen uns anstreben und/oder wenn sich unter Mithilfe von grünen DissidentInnen B‘ 90-Landesverbände in den westlichen Ländern gründen sollten. (Wurde in NRW versucht. Treibende Kräfte waren Leute, die dort bei den Grünen gescheitert waren, davon auffällig viele Ex-Maoisten.)

Der Prozess des Zusammenwachsens muss auf unterschiedlichen Ebenen gestaltet werden: gemeinsame inhaltliche Diskussionen; Bündnis-Verhandlungen der politischen Spitzen; Begegnungen möglichst brei­ter Mitgliedergruppen; formale Abstimmungen in den Delegiertenkon­ferenzen.

4.2 inhaltliche Diskussionen zur Situation in den NL

Auch wenn die Frage der politischen, ökologischen, ökonomischen und sozialen Situation in den neuen Ländern einen eigenständigen Stellenwert hat, der unabhängig von parteipolitischen Bündnisfra­gen ins Zentrum der Politik zu rücken ist, hat die Thematisierung dieses Komplexes unmittelbare Folgen für das Zusammenwachsen der verschiedenen grünen und bürgerrechtlichen Gruppierungen und Ver­bände. Deshalb wird das Konzept an dieser Stelle entwickelt.

Der BuVo initiiert eine Reihe von Workshops und Symposien, in denen einzelne exemplarische Aspekte des Problemkomplexes behan­delt werden. Gewonnen werden sollen nicht nur spezifisches Wissen und eine spezielle Politik in einem eingeschränkten Bereich; die Veranstaltungen sollen auch die Möglichkeit geben, miteinander um­gehen und den unterschiedlichen politisch-kulturellen Hintergrund schätzen und einschätzen zu lernen. …

Aus dem Konzept wird ein politischer Text entwickelt, der auf ei­nem Kongress als Schwerpunktthema befasst wird. Eine angeschlossene BDK kann darüber Beschluss fassen. Die wesentlichen Elemente des Be­schlusses gehen in die Erarbeitung eines Wahlprogramms ein.

Sobald der Diskussionsprozess, in den die BB involviert sind, sich entfaltet hat, kann der Gedanke eines gemeinsamen Grundsatzpro­gramms erörtert werden. Das Saarbrücker Parteiprogramm der GRÜNEN (das bei Bundeswahlleiter hinterlegte „Grundsatzprogramm der Partei“) ist in der Praxis vielfach ausdifferenziert und weiterentwickelt worden. Eine Überarbeitung steht deshalb ohnehin an. Es ist anzu­streben, dass die GRÜNEN das nicht unter sich, sondern mit Beteili­gung der BB machen.

4.3 konkrete Projekte/workshops etc.

(Es folgt eine Reihe von Vorschlägen zum Thema Aufbau-Ost/Umbau Gesamtdeutschland. Daraus entstand unter anderem 1992 das von Werner Schulz und mir herausgegebene Buch: „Entwickeln statt abwickeln“, mit zahlreichen Fachbeiträgen über „wirtschaftspolitische und ökologische Umbau-Konzepte für die fünf neuen Länder“ (Ch. Links-Verlag). Die Erkenntnisse flossen in den späteren „Grundkonsens“ von Grünen und Bündnis 90 sowie das Bundestagswahlprogramm ein.

Eine weitere, vom BuVo in Auftrag gegebene und finanzierte, kohärente Fachstudie zum selben Thema wurde leider zu spät, d.h. erst nach der nächsten Bundestagswahl abgeliefert.)

 

  1. Jugendstruktur

Es gibt z.Zt. zwei Strukturen, die z.T. in Konkurrenz stehen, z.T. kooperieren, nämlich die „Grüne Jugendkoordination“ und die „Jungde­mokraten“. (Diese hatten sich nach der „Wende“ von 1982 von der FDP abgespalten.) Wir sollten mit beiden Seiten zunächst getrennt reden und dann Entscheidungsprozesse in Gang setzen, wie ein grünnaher Jugendverband aussehen könnte. Kriterium müsste tatsächliche Inter­ventionsfähigkeit im Jugendbereich, z.B. an Schulen, sein mit dem Ziel, Politisierungsprozesse in Gang zu setzen. Ein weiteres Kri­terium ist die Fähigkeit, als anerkannter Verband die entsprechen­den Bundesmittel einfordern zu können.

Darüber hinaus wäre zu fragen, ob wir gezielt bestehende Jugend­strukturen in den NL ansprechen. Das betrifft einzelne, nicht alle Sektoren der „jungen Genossen“ der PDS, eher vielleicht aber noch die „jungen Linken“, die eigenständig sind. In diesem Zusammenhang könnte die Kooperation mit der Zeitung „junge Welt“ gesucht werden.

 

  1. gesellschaftliche Öffnung/Fördermitgliedschaften

Eine Analyse der grünen Interessenbasis dürfte erge­ben, dass unsere Sympathisanten nicht alle gleichermaßen an all unseren Politikbereichen aktives Interesse haben. Nor­male Mitgliedschaften bringen aber nicht nur unspezifische Ein­flussmöglichkeiten; durch den Zwang zur Anbindung an einen Kreisverband entsteht meist eine Fixierung auf Kommunalpolitik, die für viele InteressentInnen kein attraktiver Ansatzpunkt ist. Die alte Struktur von Bundesarbeitsgemeinschaften (BAG) konnte ebenfalls fachspezifische Interessen nicht absorbieren. Es muss be­zweifelt werden, ob die neue BAG-Struktur das leisten kann. Des­halb sollte über neue Möglichkeiten nachgedacht werden, wie Fach­wissen und -Interesse eingebracht werden kann, ohne dass klassische Mitgliedspflicht mit klassisch verengten Politikpfaden eingegangen werden muss. …

 

  1. Einbeziehung der Länder- und Europaebene

Der Länderrat (das höchste beschlussfassende Organ zwischen den Parteitagen; in ihm sind neben dem BuVo Vertreter aller Landesverbände versammelt) ist für uns ein willkommenes Kooperationsfeld. Wir sollten ihn nicht zuerst als Kontrollorgan unserer Buvo-Arbeit be­greifen, sondern als Gremium, über das die Länder Verantwortung für die Bundespartei mitübernehmen.

 

  1. laufende aktuelle Kampagnen

In den letzten Jahren wurden von den BuVos alle möglichen Miniak­tivitäten ohne große Wirkung als Kampagne gehandelt. Wir sollten dort gezielt mitmachen, wo absehbar eine bundesweit über die Fach­zirkel und bestimmte „Szenen“ hinaus wahrgenommene Kampagne ent­steht.

… Die größte ist die VN-Umwelt-Konferenz in Brasilien, zu der die internationalen Umwelt- und Dritte Welt-Grup­pen bereits ihre kritische Begleitmusik komponieren. In Deutsch­land findet im Herbst 92 der „Welt“-Wirtschaftsgipfel statt (Mün­chen). Ganz Europa wird zunehmend die Auswirkungen des Binnenmark­tes diskutieren.

Diese Aktivitäten bieten beste Möglichkeiten, dass wir mit einem unserer besten, leider aber nicht hinreichend rezipierten Pro­gramm, nämlich dem ökologischen Weltwirtschaftsprogramm, intervenieren. Wir hätten gute Chancen, reichlich Zustimmung zu ernten, weil der Text dort, wo er bekannt ist, sehr hoch eingeschätzt wird. Zugleich würden die GRÜNEN dokumentieren, dass sie sich nun nicht einseitig auf die neue Ost-West-Dimension einengen, son­dern den Anspruch auf Global-Ansätze erheben.

Für die Kampagne gibt es bereits ein sehr breites Bündnis. In vielem ist es vergleichbar mit dem der IWF-Kampagne (1985-1988). Wir sollten als Bundesverband dem „Clearing-house“ beitreten und jede Un­terstützung anbieten. Ehemalige Mitarbeite­rInnen der Bundestagsfraktion gehören schon zum organisierenden Kern des Bündnisses. Wir sollten für diesen Jahresschwerpunkt 1992 eine erhebliche Summe aus unserem BuVo-Aktionsetat lockermachen und andere grüne Stellen um Kofinanzierungen angehen. …

 

  1. Verbandsarbeit

Wir sollten aktiv die Einmischung in innerverbandliche Diskussio­nen suchen. Bei manchen Verbänden, z.B. bei den Kirchen gibt es eine Tradition des Dialogs. Beim DGB steht das Spitzengespräch noch aus und sollte baldmöglichst angestrebt werden.

Wir sollten gezielt Parteimitglieder suchen, die in unserem Auf­trage in Verbänden, etwa Sozialverbänden, Hilfswerken, politischen Gesellschaften etc. tätig werden. Ziel wäre ein grünes Netzwerk, das das gesamte Verbandswesen durchzieht.

 

  1. Ressourcen

10.1 Personal

Die Bundesgeschäftsstelle wird entsprechend der Gesamtstrategie des BuVo umorganisiert. Die politischen ReferentInnen dürften sich nicht auf wissenschaftliche Zu­arbeit oder enge Fachpolitik beschränken, sondern müssten politi­sche Managementarbeit gemeinsam mit den BuVo-Mitgliedern überneh­men. Dementsprechend sollten auch die Ausschreibungen der drei neuen Stellen gefasst sein. …

– internationale Politik (allg. Außen-, Friedens-, Nord-Süd-Pol.)
– ökologische Wirtschafts- und Sozialpolitik (Umbau der Industriegesellschaft)
– Innen- und Rechtspolitik (incl. Ausländerfragen, Stasi, Verfassung)

10.2 Medien

Der Zugang zu den öffentlichen Medien und den bedeutenden Presse­organen ist erheblich schwerer geworden. Einfache Pressemitteilun­gen werden so gut wie gar nicht berücksichtigt. Auch wenn wir uns weiter bemühen sollten, scheint es angebracht, über spezielle Me­dienstrategien nachzudenken. Dabei sollten der strategische An­satz, in die NL hineinzuarbeiten, der Zielgruppenansatz und die Notwendigkeit außerparlamentarischer Graswurzelarbeit besonders berücksichtigt werden.

Die Graswurzelarbeit muss sich auch auf unsere eigenen östlichen Landesverbände und die B‘ 90-Gruppen erstrecken. Sie sind selbst oft noch nicht in der Lage, zu wichtigen Themen eigene Positionen beizusteuern. Sinnvoll scheint deshalb, ausgesuchte Materialsamm­lungen zusammenzustellen und systematisch an MultiplikatorInnen zu verteilen.

Da es sinnvoll ist, wenn der BuVo bei aktuellen Auseinandersetzun­gen vor Ort repräsentiert ist, wir dies aber wegen Personal- und Zeitknappheit nicht allein schaffen können, sollten wir fallweise Beauftragte ernennen, die uns – mit bestimmten Kompetenzen ausge­stattet – vertreten.

Zur Medienpolitik zählen auch die Visitenkarten der Partei. Das beginnt beim Anrufbeantworter, setzt sich über den Telefondienst fort, berührt die Gestaltung der Pforte, das Outfit des Hauses und die Umgangsform BesucherInnen gegenüber. Alternative Spießigkeit sollte ebenso wie traditionelle nicht unser Markenzeichen sein.

10.3 Finanzen

Unsere Ausgabenpolitik muss sich ebenfalls an den strategischen Grundüberlegungen orientieren. Das heißt Finanzierung mit der Gießkanne von dezentralen Kleinaktionen ohne relevanten Bezug zur Gesamtstrategie sollte unterbleiben. Dies betrifft nicht nur An­tragstellerInnen von außen, sondern auch unsere eigenen Bundesar­beitsgemeinschaften. Die Knete muss dort hineingebuttert werden, wo tatsächliche Multiplikatoreffekte zu erwarten sind. Für das Ziel Comeback müssen alle Reserven mobilisiert werden.

 

  1. Zeitplan

Der skizzierte Ansatz umfasst den Zeitraum bis zur Bundestagswahl. Er könnte folgendermaßen gegliedert sein:

Die Bundestagswahl findet im Herbst 1994 statt. Die Europawahl im Frühsommer 1994 dürfte die entscheidende Testwahl sein. Die Reor­ganisierung der Partei müsste im Kern bis zum Frühjahr 1994 abge­schlossen sein. Schon zur Europawahl sollte eine gemeinsame Forma­tion von GRÜNEN und B‘ 90 antreten.

Auf einer Bundesdelegiertenkonferenz (BDK) zu Beginn von 1994 müssen die Europaliste gewählt und das Europawahlprogramm verabschiedet werden. Das Bundestags­wahlprogramm könnte auf einer zweiten BDK kurz vor der Europawahl debattiert werden. Diese BDK wirkt dann als Wahlkampfelement für die Europawahl und es bleibt Zeit genug, das Bundestagsprogramm in die Kreisverbände einzuspeisen.

Das Jahr 1993 wäre damit der Zeitraum, in dem die Diskussionen, die ab sofort entfaltet werden müssen, in die Form von Wahlpro­grammen umgegossen und verbrauchergerecht aufbereitet werden. Die Programmdebatte könnte eingeleitet werden durch eine Frühjahrs-BDK 1993, in der die Globalansätze Ost-West/Nord-Süd/Europa, Ökologie versus Umweltschutz, Tradition/Modernisierung diskutiert werden. Wir könnten Profil dadurch gewinnen, dass wir eine ganzheitliche ge­sellschaftspolitisch orientierte Debatte führen, die mit einigen groben Grundsatzentscheidungen endet und in die Programmarbeit einmündet. Grundlage dieser Diskussion könnte ein Text sein (Ent­wurf für ein neues Parteiprogramm?), der von GRÜNEN und B 90 ge­meinsam erarbeitet wurde. Falls der Erarbeitungsprozess schnell und reibungslos verlaufen sollte, wäre auch die Verabschiedung eines neuen Parteiprogramms denkbar.

Das Jahr 1992 würde in erster Linie der thematisch-inhaltlichen Diskussion von ost-west-grün und B‘ 90 dienen, mit dem Ziel, sich über gemeinsame Grundlagen zu verständigen, aber auch dort, wo es nicht anders geht, einen Schnitt zu setzen. Ergebnis sollte das bezeichnete gemeinsame Papier sein. Das heißt auch: Ende 1992/Anfang 1993 würde sich der Kern der gemeinsamen Formation GRÜNE/B‘90 herauskristallisieren.

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